Fronhausen. Aber ja, eigentlich geht es primär um den Tierschutz, hier insbesondere um den Vogelschutz. „Die Maßnahme wäre gekommen, aber nicht zu diesem frühen Zeitpunkt“, sagt Burkhard Meth, Leiter der Netzregion Marburg der EAM. Welche Maßnahme jetzt genau?
Nun, der regionale Energieversorger ersetzt knapp 1900 Meter der 20kV-Mittelspannungs-Freileitung, die über das Biotop führt, das parallel zum Radweg verläuft, der die Gemeinden Weimar und Fronhausen verbindet. Auf Höhe der Firma Schneider in Fronhausen wurde das Projekt, das rund 163000 Euro kostet, vorgestellt.
Das Biotop, das als Ausgleichsmaßnahme für die Gewerbefläche Kammäcker/Biegern angelegt wurde, gelang so gut, dass es auf die Vogelwelt eine sehr starke Anziehung ausübt. Allein die Stromleitungen sorgten für mehrere Unfälle, bei denen 2014 auch sehr seltene „Gäste“ zu Tode kamen, etwa zwei Schwarzstörche.
Nabu informierte Netzbetreiber und Naturschutzbehörden
Der Nabu informierte den Netzbetreiber und die Naturschutzbehörden. Die EAM beziehungsweise die EnergieNetz Mitte reagierten schnell und markierten im vergangenen Jahr die Stromleitung mit Vogelschutzspiralen. Zudem wurden die Planungen vorangetrieben, in diesem Bereich die Kabel schneller in die Erde zu legen als vorgesehen.
Nun haben die Arbeiten dazu schon Mitte April begonnen. Aus Rücksichtnahme auf die nahe Weißstorchbrut und andere Brutvögel wird die dann bereits stillgelegte Freileitung erst nach dem Brutgeschehen entfernt. „Durch die Investition in die Erdverkabelung tragen wir erheblich dazu bei, das Landschaftsbild und den Vogelschutz in diesem Gebiet zu verbessern“, sagt Meth.
Björn Behrendt, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Fronhausen freut sich, dass die EAM nicht nur gesprächsbereit war, sondern auch reagiert hat. „So können wir unkompliziert und gemeinschaftlich das Problem für die Vögel lösen.“ Insbesondere für die im Biotop brütenden Weißstörche, aber auch für die dort rastenden Kraniche, Schwarzstörche, Silber und Graureiher sowie Höckerschwäne sind die Kabel beim Starten und Landen hinderlich.
Bürgermeister teilen sich brütende Störche
Die beiden Bürgermeister-Kollegen Claudia Schnabel (Fronhausen) und Peter Eidam (Weimar), die sich die brütenden Störche harmonisch interkommunal teilen, begrüßen diese Arbeiten ausdrücklich. Sie freuen sich für die Wildvögel, aber ganz in ihrem Job verhaftet auch für die Gewerbetreibenden, denn eine Erdverkabelung im Mittelspannungs- und Ortsnetzbereich hat grundsätzlich Vorteile hinsichtlich der Versorgungssicherheit.
Meth freut sich zudem, dass der Aufwand für die Unterhaltung der Kabelnetze geringer wird und Ausfallzeiten in der Stromversorgung erheblich verkürzt werden. „Und ganz ehrlich, verschönert es auch das Landschaftsbild“, so Meth. Die Masten, wenigstens drei könnten allerdings erhalten bleiben und als Brut- und Rastplatz für die Vögel dienen. „In dieser Hinsicht ist aber noch nichts entschieden, wir müssen dazu auch Gespräche mit den Grundstückseigentümern führen“ informiert der EAM-Mann weiter.
Jetzt noch mal zurück zu einem der beiden Schwarzstörche, die sich im September 2014 am Kabel tödliche Verletzungen zuzogen. Behrendt weiß, dass es sich um einen Jungstorch handelte, der in Polen beringt worden war. „Immerhin konnte ich so die dortigen Vogelschützer über das Schicksal dieses Vogels informieren“, sagt er. Jetzt hofft er auf eine erfolgreiche Brut des Weißstorchpaares, das letztes Jahr in Weimar und dieses Jahr also in Fronhausen Nachwuchs großziehen will.
von Götz Schaub