Hilfe für die Aufrechte Weißmiere!

02. Februar 2019

Entbuschungsmaßnahmen im Zechsteinhang von Oberwalgern zum Schutz der Aufrechten Weißmiere (Moenchia erecta)!

Die Aufrechte Weißmiere - eine zu Ehren des Marburger Botanik Professors Conrad Moench (lateinischer Name Moenchia erecta) benannte Pflanzenart - gilt in Hessen als gefährdet, im übrigen Deutschland sogar bereits als ausgestorben. In Hessen existieren in den Landkreisen Marburg-Biedenkopf und Gießen lediglich noch zwei Refugiallebensräume mit individuenreichen Vorkommen von über 10.000 Individuen. An vielen Standorten in Hessen konnte die noch 1999 kartierte Pflanzenart inzwischen leider nicht mehr nachgewiesen werden.

 

Die aus der Familie der Nelkengewächse stammende Pflanze ist eigentlich recht unscheinbar und wird nur zwischen drei und maximal zwölf Zentimetern groß. Sie blüht zwischen April und Juni nur zwei Wochen lang.

 

In Oberwalgern, einem Ortsteil von Fronhausen, existiert ein Standort, der mit ca. 10.000 Individuen zu einem der beiden individuenreichsten Standorte in Hessen zählt. Somit trägt der Landkreis Marburg-Biedenkopf eine hohe Verantwortung, diesen Bestand zu erhalten.

 

Im Jahr 2017 wurden Samen der Aufrechten Weißmiere von Botanikern gesammelt (u.a. am Standort in Oberwalgern). Anschließend wurden die Samen im botanischen Garten Frankfurt zur Keimung gebracht und samenproduzierende Pflanzen gezogen. Diese konnten daraufhin beerntet werden. Da die Pflanzen besonders während der Keimungs- und Jugendphase empfindlich auf ungünstige Einflüsse wie etwa lange Trockenheit reagieren, erleiden die Bestände in der Natur oft große Verluste. Im Botanischen Garten konnten somit deutlich vergrößerte Samenmengen gewonnen werden.

 

Im Herbst 2018 war es möglich, die Samen dann an verschiedenen Stellen im Umfeld der Quellpopulation bei Oberwalgern auszubringen. Für die Wiederansiedlung wurden Flächen ausgewählt, die traditionell beweidet werden und magere Böden aufweisen. Da bei dieser sehr seltenen Art bisher nur ungenügende Kenntnisse zur Biologie und Ökologie vorhanden sind, soll im Laufe der nächsten Jahre der Erfolg der Maßnahme im Rahmen von Kontrolluntersuchungen dokumentiert werden.

 

Bedauerlicherweise ist mittlerweile auch die Population des Quellstandortes in Oberwalgern gefährdet. Auf dem südexponierten, steilen und flachgründigen Zechsteinhang, der in den letzten Jahren von Rindern beweidet wurde, haben sich inzwischen Gebüsche und Gehölze ausgedehnt, welche die Wuchsorte der Aufrechten Weißmiere beschatten und überwachsen. Würde man dieser Entwicklung nicht entgegen steuern, wäre auch diese Population in den nächsten Jahren verschwunden. Um den Rückgang der Art weiter zu verhindern, ist die Sicherstellung der Beweidung durch geeignete Tiere an den Standorten notwendig.

 

Die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf hat sich daher in Zusammenarbeit mit dem Flächeneigentümer der Fläche (Herrn Bernhard Kraft), der örtlichen NABU-Gruppe in Fronhausen und dem Botaniker Herrn Claus Neckermann (Büro Neckermann-Achterhold), der auch das Saatgut in der Region gesammelt hat, entschlossen, diese Fläche für den Erhalt der Population zu pflegen.

 

Zahlreiche Mitglieder der örtlichen NABU Gruppe in Fronhausen haben sich zusammen mit dem Flächeneigentümer am Wochenende zu einem gemeinsamen Arbeitseinsatz versammelt, um den Erhalt des letzten Standortes im Landkreis Marburg-Biedenkopf weiterhin sicher zu stellen. Unter tatkräftigem Einsatz mit Astscheren, Motorsensen und landwirtschaftlichen Maschinen wurden die Gehölze auf dem Standort weitgehend entnommen, so dass diese seltene Pflanze wieder Möglichkeiten zur weiteren Fortpflanzung bekommen hat. In den kommenden Jahren soll die Fläche weiter im Sinne der Aufrechten Weißmiere gepflegt werden und aufkommende Gehölze sollen rechtzeitig zurückgeschnitten werden.

 

Um die Brut- und Setzzeit der Vögel nicht zu gefährden, erfolgte die Maßnahme im Winterhalbjahr. Eine gutachterliche Betreuung ist dabei durch den Botaniker Herrn Neckermann sicher gestellt.

Mit dieser Maßnahme trägt der Landkreis Marburg-Biedenkopf zur Förderung der Biodiversität in der Region bei. Die Finanzierung des Projektes erfolgt aus Artenschutzmitteln des Landkreises Marburg-Biedenkopf.